Mehr Schnittmengen als Unterschiede: Intendant Burkhard C. Kosminski und Fußballtrainer Felix Magath. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt
Talk im Stuttgarter Schauspiel

Was Theater und Fußball gemeinsam haben

· Stuttgarter Zeitung

Was haben Theater und Fußball gemeinsam? Eine ganze Menge, fanden Ex-VfB-Trainer Felix Magath und Theater-Intendant Burkhard C. Kosminski bei ihrem Zusammentreffen im Stuttgarter Schauspiel heraus.

Am Tag, als in den USA Donald Trump triumphierte und in den Abendstunden in Berlin die Ampel zerbrach, widmete man sich im Foyer des Stuttgarter Schauspiels der schönsten Nebensache die Welt: dem Fußball. Ein unterspanntes Programm angesichts der Dramatik des Tages, doch nicht vorauszusehen – im Gegensatz zu dem Umstand, dass der VfB Stuttgart an diesem Abend in der Champions League gegen Atalanta Bergamo antreten würde.

 

So gesehen hatte es nahe gelegen, den 6. November für den Talk zwischen Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski und Ex-VfB-Trainer Felix Magath auszuwählen. 90 Minuten lang plauderten beide über Fußball und Theater, über ihren Werdegang und ihre persönlichen Einstellungen zu „Leistung“ und „Erfolg“. Die Stichworte und Fragen stammten von dem Moderations-Profi Stephan Ferdinand von der Hochschule der Medien und der SWR-Sportreporterin Anna Klär, die das Gespräch als Podcast aufzeichneten. Vom 15. November an ist es unter www.sprichstuttgart.de zu hören.

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Für Magath und Kosminski steht das Team im Vordergrund

Schnell wurde klar: es gibt Parallelen – schon auf persönlicher Ebene. Beide, Magath und Kosminski, wuchsen bei alleinerziehenden Müttern auf und lernten früh, selbstständig zu sein. Bei Magath klingt das so: „Ich wollte mein Leben lang Leistung bringen.“ Schon als Siebenjähriger lief er auf dem Heimweg von der Schule Rennen gegen fiktive Amerikaner und Russen, die er „alle gewann“. Kosminski seinerseits lief in ganz verschiedene Richtungen, ehe er beim Theater ankam. Im Spielverständnis sind sich beide ganz nah. Für Magath und Kosminski stehen das Team und das Ensemble im Vordergrund, nicht der Solist. Vom „Fußballer des Jahres“ hält der Trainer nichts, denn: „Das Zusammenspiel, ist wichtiger als Toreschießen.“ Der Intendant stimmt zu: „Auszeichnungen sind nur fürs Kollektiv sinnvoll.“

„Ich habe nie erwartet, dass der Spieler wie ein Mönch lebt“

Die Übereinstimmungen sind frappant: Beide, der Trainer und der Intendant, wissen wie schwer es sein kann, „den Kader bei Laune zu halten“. Beide wollen Spieler entwickeln und ihnen Selbstvertrauen geben. Und beide haben Freude am Spiel und am Erfolg. Bei dem inzwischen 71-jährigen Felix Magath, der den VfB Stuttgart in der Spielzeit 2002/03 erstmals in die Königsklasse führte, ist das Erfolgsdenken besonders ausgeprägt. „Struktur, Disziplin, Fitness“ – lautet seine Erfolgsformel, die dennoch Platz lässt für das Menschliche: „Ich habe nie erwartet, dass der Spieler wie ein Mönch lebt“ – solange er seine Leistung bringt. Bei entsprechendem Willen, sagt Magath, „kann fast jeder Jugendliche Fußballprofi werden“. An dieser Stelle runzelt Kosminski die Stirn. Er ist umgekehrt der Meinung, „dass nicht jeder das Zeug zum Schauspieler hat: „Es braucht schon auch Talent.“

Beim Gehalt können Schauspieler nicht mithalten

Ein paar Unterschiede gibt es dann also doch zwischen dem Spiel auf der Bühne und auf dem Rasen. Das beginnt beim Geld. Die Grundgage eines Schauspielers beziffert Kosminski mit 3000 Euro – selbst an einem „Exzellenzbetrieb“ wie dem Schauspiel Stuttgart. Dafür würde ein Bundesligaspieler nicht mal einen Rückpass spielen.

Und auch beim Bekenntnis zum Standort setzen sie unterschiedliche Akzente. Der 63-jährige Kosminski, der vor zwei Jahren seinen Vertrag bis 2029 verlängerte, sieht sich in Stuttgart am Ziel seiner Träume: „Als Intendant muss man länger wo sein, um etwas zu erreichen“, sagt er. Magath hingegen war mal hier, mal dort, sehr gerne jedoch auch in Stuttgart, wie er betont. Länger als er – dreineinhalb Jahre – sei nach ihm niemand VfB-Trainer gewesen. Ein noch längeres Bekenntnis zu Stuttgart wurde ihm offenbar schwer gemacht, weil es an Geld für neue Spieler fehlte – deshalb 2004 der Wechsel zum FC Bayern München. Der logische Schritt für jemanden, „der nicht nur mitspielen, sondern auch gewinnen will“.